_C & A
Der Ankermieter der Stadthausgalerie und Erfinder der Konfektionsbekleidung. Sein Name steht nicht für
"Chic & Atemberaubend", sondern für die Vornamen der Firmengründer Clemens und August Brenninkmeyer.
Das Unternehmen bietet in Andernach ein eingeschränktes Sortiment für die ganze Familie an. (Laut "Manager
Magazin" will der Modekonzern in den nächsten Jahren bis zu hundert Standorte schließen.)
_Ihr Platz
War zuvor in der Bahnhofstraße, zog in die Galerie um. Das Sortiment des Osnabrücker Drogeriemarkts kon-
zentriert sich auch weiterhin auf Körperpflege, Schönheits- und Gesundheitsartikel. Für alles andere ist im "Platz",
pardon, kein Platz. (Nach der Insolvenz der Kette zog Rossmann ein - um wenige Jahre später wieder auszuziehen.)
_Apollo Optik
Der Gott des Lichtes und der Heilung kommt nach Andernach - in Gestalt von Deutschlands größtem Optiker!
Die Brillenkette hat "nur Ihre Augen im Kopf" und stattete werbewirksam die Kandidatinnen von Germanys Next
Topmodel aus. Sie will Qualität und Billigpreise unter einen Hut bringen - dieses Kunststück gelingt, wenn
überhaupt, nur Apoll, dem Gott auch der Künste...
_Klier
Der größte System-Friseur Deutschlands, der so gut wie jedes Einkaufszentrum unsicher macht. Antwort auf
"haarige" Fragen wie: Was brauche ich für welches Outfit - Haargel? Haarspray? Haarschaum? Haarwax? Oder
vielleicht gar kein Haar? Für Klier gilt, wie für jeden Friseur: Hier wird Ihr überschüssiges Haar abgeschnitten
und der Rest auf Händen getragen. (Die Filiale gibt's inzwischen nicht mehr.)
_Cosmo
Liegt haargenau gegenüber von Klier, ohne sich mit diesem in die Haare zu kriegen. Denn Cosmo ist kein Friseur,
sondern Großhändler für Pflegeprodukte rund ums Haar. Verkauf an Profis und Endkunden. (Der Laden gab früh
auf. Danach zog hier das Büro einer ehrenamtlichen Initiative zur Leerstandsberatung ein, die erfolglos blieb. Inzwischen
hat sich an dem Ort, maximal versteckt, die Touristeninformation der Stadt angesiedelt.)
_S. Oliver
Das Young-fashion-Label aus dem fränkischen Rottendorf eroberte erst die Welt, ehe es sich ein Herz fasste, auch
Andernach zu erobern. Urbane Mode für Sie und Ihn, individueller Style und voll das Gegenteil von voll daneben,
nämlich voll im Trend. Komplett-Angebote von Kleidung über Schuhe, Taschen, Gürtel, Schals, Socken bis zu Par-
füms und Sonnenbrillen. (Half aber alles nichts - inzwischen kehrte auch dieses Unternehmen der Kleinstadt-Mall
den Rücken.)
_Gerry Weber
Der Hecht im Karpfenteich! Das Unternehmen aus Halle in Westfalen hat sich zum börsennotierten Lifestyle-
Konzern gemausert, der weltweit gehobene Damenmode verkauft. Für sein Stadion bekannt, in dem die Gerry
Weber Open, Deutschlands einziges ATP-Tennisturnier auf Rasen, stattfinden. (Das Unternehmen musste sich
zuletzt einer Insolvenz in Selbstverwaltung unterziehen- aus dem Hecht ist ein ziemlich kleiner Fisch geworden.)
_Phonehouse
Klingt nach Telefonhäuschen, verkauft aber, was diesem den Garaus machte: Smartphones, Notebooks, DSL-
und Mobilfunkverträge. Vertragspartner aller wichtigen Telekommunikations-Unternehmen. (Die Filiale machte
inzwischen dicht.)
_Street One
Junge Mode für Frauen. Jeden Monat eine neue Kollektion, aktuell und kurzfristig lieferbar. Komplettes Fashion-
Sortiment, dazu Under- und Leisurewear sowie Night- und Sportswear. So viel Klamotten-Englisch zieht einem
doch glatt die Shoewear, pardon: die Schuhe aus! (Auf den Laden folgte Britta Moden, die dann in die Kramgasse
zog, weil die Boutique dort sichtbarer ist.)
_Cecil
Eigentlich dasselbe wie Street One, young fashion für Frauen, auch jeden Monat was Neues. Mode gut kombi-
nierbar, Farben bauen aufeinander auf. Teil einer Markenfamilie, zu der auch Street One gehört. Man macht sich
munter gegenseitig Konkurrenz. (Auch dieser Laden hat sich längst vom Acker gemacht.)
_Martina Fashion
Das einzige inhabergeführte Geschäft der Galerie. Zeigt, dass sich 42-plus-Größen und schicke Mode keineswegs
ausschließen. Hier gibt´s Pfundsklamotten für Pfundsweiber, hier würde Cindy aus Marzahn einkaufen, falls sie
nicht so prollig wäre und in Andernach wohnte. (Der Laden gab, weil er nicht den langen Atem eines Filialisten
hatte, als erster auf.)
_Meyerbeer
Ein Coffee Shop mit Kaffeesorten aus unterschiedlichen Anbaugebieten. Arbeitet mit einer prämierten Rösterei
aus der Toskana zusammen. Benannt nach dem Komponisten Giacomo Meyerbeer, dessen Unterschrift (nebst
Bassnoten-Schlüssel) das Logo ziert. Vom ersten Stock des Cafés lässt es sich wunderbar auf die Welt hinabsehen.
Zum schmeichelhaften Ausblick passen die Smoothies des Hauses, die der Zunge schmeicheln. (Auf den Opern-
komponisten folgte das Eiscafé Teatro mit XXL-Portionen - in denen ist offenbar mehr Musik drin. Eis geht immer,
daher gehen Cafés wie das Teatro nie, während nebenan die Vorhänge längst geschlossen sind.)
Zehn Jahre nach dem Start der Mini-Mall existieren von den ehemals elf Läden noch ganze drei. Die letzten Mohi-
kaner können, indem sie mit ihrem Auszug drohen, die Miete wahrscheinlich drücken - im Gegensatz zur Stadt, die auf
ihre Räume in der Galerie angewiesen ist. Unter den dreien ist auch der Modeanbieter Gerry Weber, der in diesem Jahr
ein Insolvenzverfahren durchlaufen musste und sich von einem Drittel seiner deutschen Standorte verabschiedet hat -
Andernach blieb, o Wunder, davon verschont ("alles im grünen Bereich, wir schließen nicht", beteuert eine Verkäuferin).
Die alternative Nutzung der leer stehenden Läden beschränkt sich auf eine Art Home Staging: So wie leere Wohnungen
temporär möbliert werden, damit sie besser zu vermarkten sind, werden die Schaufenster mit Werken regionaler Künst-
ler garniert, damit der Leerstand nicht so hässlich aussieht. Kosmetik statt Ursachenforschung, Leben von der Sub-
stanz statt neues Leben - und Kunst als Lückenbüßer! Es gibt in der Stadt kein zynischeres Haus.